Astrologie

Woher kommt die Astrologie?

Sternenhimmel in der Abenddämmerung mit Sternschnuppe

© @nt/fotolia

Die Astrologie hat ihre Wurzeln bei den Gelehrten des alten Orients. Schon in Babylon (2. Jahrtausend v. Chr.) beschäftigte man sich damit, die Himmelserscheinungen aufzuzeichnen und Zusammenhänge mit irdischen Ereignissen herzustellen. Allerdings war man dabei nur an Angelegenheiten interessiert, die das Staatswesen und das Herrscherhaus betrafen (z.B. Ernten, Kriege, Geburt von Thronfolgern etc.). Die individuelle Persönlichkeit geriet erst im antiken Griechenland in den Blick, wo das Geburtshoroskop endgültig die Form annahm, die wir bis heute kennen (12 Sternzeichen, 12 Häuser, Planeten, Aspekte etc.).

Und wie funktioniert sie…?

Sternbild Waage

© VRD – Fotolia.com

Der größte Haken an der Astrologie ist, dass leider bis heute keiner so richtig weiß, WIE sie funktioniert. Eigentlich kann man eher sagen, wie sie nicht funktioniert, d.h. es gibt mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen direkten physikalischen Einfluss der Planeten auf irdische Vorgänge (auch wenn der englische Astronom Percy Seymour in seinem Buch: Astrologie. Beweise der Wissenschaft, Frankfurt a.M. 1992, die These aufstellt, dass zwischen der Erde und den Planeten Magnetfelder wirken). Auch bei den Sternzeichen handelt es sich lediglich um symbolische Zusammenstellungen der am Himmel sichtbaren Sterne, die kulturbedingt auch anders ausfallen können: Zum Beispiel wurden die Sterne des Sternbilds Waage (siehe Bild links) bis ins 3. Jh. v.Chr. als die „Scheren des Skorpions“ interpretiert, so dass es lange Zeit nur 11 Sternzeichen gab. Die australischen Aborigines hingegen unterteilen den Himmel in nur wenige große Sternbilder, die fast das ganze Himmelsgewölbe umfassen. Da die Sternbilder keine „objektiven Tatsachen“ sind, können sie kaum eine physikalische Wirkung entfalten.

Aber dennoch…

Das, was Astrologen (und deren Klienten) jedoch zu allen Zeiten von der Astrologie überzeugt, sind die sog. „Evidenzerlebnisse“. Zu Beginn der Beschäftigung mit der Astrologie faszinieren diese ganz besonders, d.h. man stellt immer wieder fest, dass wichtige äußere Ereignisse mit aussagekräftigen Sternenkonstellationen zusammenfallen. Die Gefahr dabei ist, dass man erst einmal eine übertriebene Erwartungshaltung ausbildet und im Umkehrschluss meint, jede Planetenbewegung bringe umstürzlerische Veränderungen mit sich. Es dauert eine Weile, bis man sich auf eine realistische Einschätzung der zu erwartenden Ereignisse einpendelt. Später fasziniert einen an der Astrologie dann vor allem, dass man durch sie in der Lage ist, über Menschen, die man vielleicht nie zuvor gesehen hat, zutreffende Aussagen zu machen – gemeinhin schneller als Psychologen, die meist mehrere Therapiesitzungen brauchen, um bei einem Klienten die Kernprobleme benennen zu können. Je länger man sich mit Astrologie beschäftigt, desto mehr verfestigen sich diese Evidenzerlebnisse zu der Gewissheit, dass Astrologie „funktioniert“.

Wie oben, so unten

Nervengeflecht im Erregungszustand

© Sagittaria – Fotolia.com

Eine Brücke, sich das Rätsel der Astrologie zu erklären, ist die uralte Weisheit des „Wie oben, so unten“, die besagt, dass alles im Kosmos eine große Entsprechung bildet. Zusammenhänge, auf die man immer wieder stößt, wenn man ein Auge dafür hat: Aufnahmen aus unserem Körperinneren ähneln oft verblüffend Photos aus fernen Galaxien (links ein Nervengeflecht im Erregungszustand) – und Walnüsse sehen aus wie kleine menschliche Gehirne (merkwürdigerweise sind sie auch genau dafür gesund!). Für die Astrologie bedeutet das, dass die Planetenbewegungen eine Entsprechung zu den irdischen Vorgängen bilden und damit anzeigen, was sich momentan „hier unten“ tut. Wird ein Kind geboren, so stellen die Sternenkonstellationen seines Geburtsmoments ein Abbild seiner Persönlichkeit dar.

Astrologie ist eine Kunst

Die Aufgabe des Astrologen besteht darin, die für sich gesehen abstrakten Sternenkonstellationen und Sternenbewegungen am Himmel richtig zu „übersetzen“ und deuten (weshalb man in früheren Zeiten auch von „Sterndeutung“ sprach). Astrologie ist damit eine der Hermeneutik (= Textdeutung) ähnliche Kunst der Interpretation und Auslegung. So wie sich der Hermeneut fragt, was der zu interpretierende Text wirklich „meint“, und sich der Übersetzer genau überlegen muss, welche Übersetzung die jeweils „richtige“ und passende ist, so versucht der Astrologe die bestmögliche Deutung einer Sternenkonstellation zu geben. Dazu müssen alle Horoskopfaktoren miteinbezogen werden, zudem ist die abstrakte Aussage des Horoskops mit der realen Person und ihrer Geschichte in Beziehung zu setzen.

Astrologie ist eine Philosophie

Tibetische Buddhafigur

© Petra Dörfert

Da Astrologie zunächst einmal nichts anderes als eine kunstvolle „Übersetzungsleistung“ ist, hat sie schon viele Epochen der Menschheitsgeschichte überdauert und dabei stets Religion, Welt- und Menschenbild derjenigen Kultur angenommen, in der sie praktiziert wurde: Es gab sie im alten Babylon, in Ägypten, China, Mittelamerika, im hinduistischen Indien, im buddhistischen Tibet und an den Höfen der moslemischen Sultane. Die Deutungsinhalte der westlichen Astrologie weisen zwar seit der griechischen Antike klare Konstanten auf, dennoch hat sich vieles verändert: Den größten Einschnitt stellt die Aufnahme psychologischer Inhalte in die Astrologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts dar. Seither betrachtet man das Horoskop nicht mehr als fatalistische Aussage über unverrückbare Charaktereigenschaften und unvermeidliche Ereignisse (im Sinne etwa von „gottgewolltem“ Schicksal), sondern als Aussage über psychologische Tiefenstrukturen, die an der Oberfläche zwar bestimmte Charakterzüge und Ereignisse hervorbringen, jedoch positiv verändert werden können. Gab es im Mittelalter noch eine klare Trennung von „guten“ und „schlechten“ Konstellationen, interpretieren wir „schwierige“ und herausfordernde Konstellationen heute als zu befreiende Potentiale, Entwicklungsaufgaben und Chancen, die nur dann destruktiv werden, wenn wir uns ihnen nicht stellen. Genauso hat bezüglich des Geschlechterverhältnisses ein völliges Umdenken stattgefunden: Bekam eine Widder-Frau noch vor 50 Jahren etwas von „ungünstiger Veranlagung“, „zu heftigem Temperament“ und „Mäßigung“ zu hören, wird sie heute eher dazu ermutigt, ihre feurigen Energien auszuleben, egal wie „mann“ das findet. Es ist also wichtig, sich klar zu machen, vor welchem geistigen Hintergrund Astrologie betrieben wird.

Das Weltbild der westlichen Astrologie hat sich heutzutage aus den religiösen Kontexten gelöst und wird im Wesentlichen von zwei Grundannahmen geleitet, die ich als „Philosophie der Selbstentfaltung“ beschreiben würde (was natürlich viel mit unserer momentanen Wertschätzung von Selbstbestimmung und individueller Freiheit zu tun hat):

  • Reflexion und Selbsterkenntnis sind der erste Schritt, das eigene Leben positiv zu verändern.
  • Jeder Mensch hat die Möglichkeit, im Rahmen seiner Veranlagungen freie Entscheidungen zu treffen und das Beste aus seinem Leben zu machen.

 

Zufall oder Vorherbestimmung?

Zum Abschluss noch einige astro-philosophische Fragestellungen, über die man als Astrologe dennoch immer wieder ins Grübeln kommt:

Gibt es eine Vorherbestimmung?

Ist das Horoskop Ausdruck des Zufalls, eben zu dieser oder jener Minute geboren worden zu sein? Oder handelt es sich doch um Vorherbestimmung? Warum hat der eine „leichtere“, der andere „schwierigere“ Konstellationen? Ungerechtigkeit der Natur – oder bringt man doch „karmische Belastungen“ und „Aufgaben“ mit ins Leben? Gibt es eine Art Schicksal, einen Auftrag, einen aus dem Horoskop ablesbaren Lebensplan oder sind wir einfach so „ins Leben geworfen“?

Prägt uns das Radix?

Womit man auch vor dem „Problem von der Henne und dem Ei“ steht: Was ist zuerst da? Eine bereits „voll ausgebildete“ Seele mit Vorgeschichte (z.B. durch Vorleben), die sich einen Geburtsmoment (genauso wie eine Familie, bestimmte Lebensumstände, bestimmte Gene) wählt, der zu ihrer Veranlagung passt, oder eine „unbeschriebene“ Seele, die allein durch den astrologischen Geburtsmoment (der auch etwas über die Familie, die Lebensumstände, die Gene aussagt) geprägt wird? Oder anders gesagt: Hat das Radix wirklich einen Einfluss auf uns oder ist es nur Ausdruck unserer schon vorhandenen Persönlichkeit?

Wieviel Freiheit haben wir wirklich?

Angesichts der vielen Elemente, die Einfluss auf unser Leben nehmen, stellt sich natürlich die Frage, wie groß tatsächlich der Spielraum unserer Willensentscheidungen ist. Inwieweit können wir unser Schicksal selbst bestimmen und wo verläuft die Grenze des individuell nicht mehr Beeinflussbaren, „Unabwendbaren“, womöglich „Vorherbestimmten“? Zwar halte ich an der Grundüberzeugung fest, dass wir unser Leben selbst in die Hand nehmen können/müssen/sollen – aber machen wir uns da vielleicht nur etwas vor…?

Horoskopscheibe vor Sternenhimmel

© Arid Ocean – Fotolia.com

Bildnachweise:
„sternschnuppe“: ©  @nt/fotolia
„Waage“: © VRD – Fotolia.com
„Nervengeflecht im Erregungszustand“: © Sagittaria – Fotolia.com
„Tibetischer Buddha“: © Petra Dörfert
„Zodiac circle on starfield: © Arid Ocean – Fotolia.com

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