Anlässlich der US-Präsidentschaftswahl am 4. November 2020 stellt sich auch astrologisch die Frage, welcher Kandidat die besseren Chancen hat: Joe Biden oder Donald Trump? Leider hat die Sache gleich mehrere Haken – einer davon ist die Befangenheit. Aus emotionalen Gründen gingen die Prognosen anlässlich der letzten US-Wahl größtenteils schief: Die überwältigende Mehrheit (einschließlich mir) wünschte sich Hillarys Sieg und sah ihn daher auch. Diesen Fehler möchte ich dieses Mal nicht mehr machen, weshalb ich mich im Folgenden um Neutralität bemühe.
Hillary Clinton, geb. am 26.10.1947 um 8:02 CST in Chicago / Langsamläufertransite am 8. 11. 2016
An dieser Stelle bietet sich daher auch ein Rückblick an. Eigentlich hatte Hillary Clinton am 8. November 2016 recht gute Transite: Ihre drei Planeten im 9. Haus empfingen Trigone, d.h. ihre intellektuellen Anliegen wurden unterstützt. Auch die Venus in 12 (als Herrscherin des DC) erhielt ein Sextil von Transit-Pluto, ebenso wie Neptun in 11 eine Konjunktion von Transit-Jupiter – an Popularität mangelte es also nicht. Lediglich Merkur als Herrscher von 10 (damit der wichtigste Faktor für beruflichen Erfolg) war ungünstig bestrahlt: Auf ein Trigon durch Transit-Chiron und einen Quincunx durch Transit-Uranus kann man sich nicht verlassen, wenn es um harte Resultate geht. Und so war es dann ja auch: Von den Wählerstimmen her hatte Clinton die Wahl knapp gewonnen, durch das Wahlmännersystem wurde ein Wahlsieg dennoch verhindert. Auch wenn sich Clinton moralisch als Siegerin fühlen durfte, war es wohl die größte Niederlage und Enttäuschung ihres Lebens. Und das ohne einen einzigen harten Aspekt: drei Trigone, ein Sextil und ansonsten lediglich Quincunxe regierten das Bild! Von höherer Warte aus mag es hingegen ein Glück für sie gewesen sein: Mit Clintons Gesundheit stand es offenbar nicht zum Besten, und ihre Radix-Mondknotenachse zeigt deutlich, dass es in ihrem Leben weg vom rein beruflichen (Merkur als Herrscher von 10 am absteigenden Mk) und weg von der Ich-Durchsetzung (Merkur am AC am absteigenden Mk) zum Du hin gehen soll. Chiron stand im Trigon zu Merkur und zur Mondknotenachse: Die Niederlage hätte eine Befreiung aus dem politischen Leben bringen und damit das Potenzial für persönliche Heilung bergen können – der angekündigte Rückzug ins Privatleben gelang allerdings bis heute nicht richtig. Dennoch kann man es sich als Astrologe für Prognosen nicht oft genug hinter den Spiegel stecken: Glück ist nicht immer das, was man sich wünscht. Auch im Falle Clintons hätte man das berücksichtigen müssen.
USA, Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung am 2.7.1776 um 2:17 Uhr in Philadelphia (innen) / Hillary Clinton (außen)
Nun ist bei einer Wahl jedoch noch ein zweiter Faktor wichtig: Wie passt das Horoskop des Kandidaten zum Länderhoroskop? Leider ist es mit dem Horoskop der USA eine etwas schwierige Sache: Die Unabhängigkeitserklärung wurde zweifelsfrei am 2. Juli 1776 unterzeichnet. Ob dies jedoch wirklich nachts um 2:17 Uhr geschah, steht buchstäblich in den Sternen (vgl. dazu Nicholas Campions Buch der Welthoroskope). Jedoch arbeiten die meisten amerikanischen Astrologen erfolgreich mit dieser Uhrzeit, die ein stimmiges US-Horoskop ergibt. Was ich im Folgenden schreibe, würde in Teilen aber auch zutreffen, wenn die USA am 2. Juli 1776 zu einer anderen Uhrzeit „geboren“ worden wäre, d.h. ich käme zu keiner grundlegend anderen Einschätzung. Bei der Synastrie zwischen Clinton und dem US-Horoskop auf 2:17 Uhr fällt sofort Clintons Mars/Pluto-Konjunktion exakt auf dem IC des US-Horoskops ins Auge. Besser könnte man das Unbehagen, das viele Amerikaner angesichts von Clintons Reformideen empfanden, nicht beschreiben. Weitere Divergenzen erzeugte ihre intellektuelle Ausrichtung (Clintons stark besetztes 9. Haus mit eben jener Mars/Pluto-Konjunktion) sowie ihre unklare politische Vernetzung (in gewisser Weise trifft das auf jeden Politiker zu, jedoch mag ein stark besetztes 12. Haus in Skorpion besonderes Misstrauen erwecken). Clintons philantropische Neigungen (Fische-Mond im 4. Haus) liefen im US-Horoskop buchstäblich ins Leere (Opp. zu Neptun/Lilith). Diese Widersprüche waren offenbar so groß, dass sie auch von den zahlreichen Sextilen und Trigonen dieser Synastrie nicht überbrückt werden konnten. Umgekehrt zeigen sie aber, wie stark sich Clinton – bei allem persönlichen Machtstreben – mit den Geschicken des Landes verbunden fühlt, weshalb sie es wohl auch nicht fertigbringt, endgültig von der politischen Bühne Abschied zu nehmen.
Donald Trump, geb. am 14.6.1946 um 10:54 EDT in New York / Langsamläufertransite am 8. 11. 2016
Wechseln wir zu ihrem Rivalen Donald Trump: Die Transite am 8. November 2016 waren für ihn weniger harmonisch als für Clinton, dennoch aber vielversprechend. Astrologisch gesehen tut Trump, was er tun muss: Mit Sonne/Uranus am aufsteigenden Mondknoten in 10 ist die berufliche Verwirklichung sein Lebensziel, wobei er immer für eine Überraschung gut ist. Man fragt sich, was er nach seiner Zeit als Präsident tun wird: Schauspieler werden? Zum Mond fliegen? Transit-Uranus stand im Sextil zum aufsteigenden Mondknoten, was Trumps Pläne, nun auch noch das Weiße Haus zu stürmen, unterstützte. Transit-Chiron spielte interessanterweise ebenfalls eine Rolle. Anders als bei Clinton stand er jedoch im Quadrat zur Mondknotenachse – Heilung würde Trump durch sein neues Amt nicht erfahren. Transit-Pluto im Quadrat zu Jupiter/Chiron in 2 deutete an, dass er ab nun viele blauen Augen kassieren würde (die Jupiter-Chiron-Konjunktion zeigt Trumps Begabung an, immer wieder großsprecherisch ins Fettnäpfchen zu treten). So richtig geheuer war ihm sein Wahlsieg ja denn auch nicht. Die Jupiter-Wiederkehr und Transit-Saturn im Sextil zu Jupiter/Chiron in 2 stützten jedoch seinen Selbstwert, der in diesem Horoskop ganz klar angeschlagen ist (Neptun und Chiron in 2, Venus/Saturn-Konjunktion). Man könnte Trumps Biographie insofern als einen einzigen angestrengten Kompensationsversuch verstehen. Merkur erhielt ein Trigon von Transit-Neptun – vielleicht das entscheidende Zünglein an der Waage im Gegensatz zu Transit-Uranus im Quincunx zu Merkur bei Clinton.
USA, Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung am 2.7.1776 um 2:17 Uhr in Philadelphia (innen) / Donald Trump (außen)
Nun kommt aber noch ein zweiter Faktor hinzu, der für alle Nicht-Amerikaner schwer zu verstehen ist: Trumps Horoskop passt auf das US-Horoskop wie der Deckel auf den Topf. Weil er bewusst und unbewusst die richtigen Knöpfe zu drücken versteht, wird ihm vieles verziehen, was eigentlich unverzeihlich erscheint. Krebs-Planeten treffen auf Krebs-Planeten und sprechen dieselbe emotionale Sprache. Trumps Zwillingssonne reagiert gut auf die Dynamik des US-Zwillingsmars, d.h. er tut das, was von ihm erwartet wird. Handelte es sich um zwei Menschen, würden sie vermutlich ein gutes Team bilden. Zusätzlich schließen sich Trumps Sonne und Trumps Jupiter/Chiron-Konjunktion mit dem US-Mond im 10. Haus zum großen Trigon zusammen. Man traute ihm den wirtschaftlichen Aufschwung zu, der in der Folge ja auch gelang. Trumps Selbstwertproblematik (Jupiter/Chiron in 2) trifft auf Hemmungen im US-Horoskop (Saturn in 5) – was auch zu gegenseitiger Ermutigung führen kann: „Make America great again!“.
Donald Trump, geb. am 14.6.1946 um 10:54 EDT in New York / Langsamläufertransite am 4. 11. 2020
Trump hat mit seiner innigen Beziehung zum US-Horoskop einen schwer zu schlagenden Heimvorteil. Dennoch stellt sich die Frage, ob er diesen am 4. November 2020 erneut zum Wahlsieg ummünzen kann. Besonders gut stehen seine Sterne dieses Mal nicht: Transit-Neptun im Quadrat zur Mondknotenachse unterhöhlt seine Machtposition, wie es bereits durch die Corona-Krise geschah. Die Wiederkehr der Mondknotenachse in 10 bestätigt eher sein Tun (sie könnte aber auch den Wechsel in eine andere Laufbahn andeuten – aber welche sollte das sein?). Transit-Chiron in Opposition zu Neptun in 2 (er bekommt seine Verletzlichkeit zu spüren), die Saturn-Saturn-Opposition (auch zu Venus als Herrscherin von 10) sowie drei Quincunxe deuten eher schwierige Zeiten an. Aber Schwierigkeiten hat Trump vermutlich mehr zu bewältigen, wenn er im Amt bleibt, als wenn er daraus ausscheidet. Die Transite könnten daher auch besagen, dass es bei der Wahl kräftig im Gebälk knirscht, ohne dass es wirklich zu einer Niederlage kommt. Immerhin erhält Merkur ein Sextil von Transit-Uranus. Es wird auf jeden Fall wieder knapp werden.
Joe Biden, geb. am 20.11.1942 um 8:30 EWT in Scranton / Langsamläufertransite am 4. 11. 2020
USA, Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung am 2.7.1776 um 2:17 Uhr in Philadelphia (innen) / Joe Biden (außen)
Was aber nun ist mit Biden? Joe Bidens Horoskop wiederholt mit seiner stark skorpionischen Besetzung im 12. Haus auf erstaunliche Weise Clintons Horoskop, weshalb Biden mit demselben Unbehagen wahrgenommen werden könnte wie sie. Auch ich hätte mir von einem demokratischen Gegenkandidaten wahrlich etwas anderes erhofft, zumal man mit Neptun in 10 wirklich nicht weiß, was man kauft (Mein Herz schlägt ohnehin für Bernie Sanders!). Der Wahltag sieht für Biden unspektakulär aus: Lediglich der Transit-Jupiter (und mit ihm Transit-Pluto, was natürlich schwerer wiegt) bilden ein Sextil zu seinem Merkur als Herrscher von 10. Die Corona-Krise, deren entscheidender Motor die Jupiter-Pluto-Konjunktion ist, bedeutet für Biden also beruflichen Auftrieb. Reicht dieses Sextil jedoch aus, den – momentan angeschlagenen – Trump aus dem Amt zu katapultieren? Zum US-Horoskop hat Biden keine sehr innige Beziehung: Er setzt seinen Saturn auf den US-Uranus am US-Aszendenten. Viele Wähler könnten Biden daher als restriktiv wahrnehmen – also gerade das Gegenteil von dem, was man sich nach der Corona-Krise erhofft. Mit seinem Jupiter auf dem US-Merkur weiß er jedoch schon die richtigen Töne anzuschlagen.
Meine vorsichtige Einschätzung der Lage lautet daher: Es ist ein Kampf von David gegen Goliath, wobei fraglich ist, ob David dieses Mal gewinnt.
USA, Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung am 2.7.1776 um 2:17 Uhr in Philadelphia / Langsamläufertransite am 20.1. 2021 (Inauguration)
Was aber nun ist mit dem US-Horoskop selbst? Steht tatsächlich ein Bürgerkrieg vor der Tür? Es sieht nicht wirklich danach aus: Transit-Saturn über Pluto in 9 sowie Transit-Pluto in Opposition zu Merkur deuten für die Zeit nach der Wahl harte intellektuelle Auseinandersetzungen an, wobei das Mars-Quadrat zusätzlich Öl ins Feuer gießen – und gewalttätige Demonstrationen provozieren – könnte. Nach der Inauguration am 20. Januar 2021 beruhigt sich jedoch das Bild, wobei der Wechsel von Transit-Jupiter ins 10. US-Haus im Februar 2021 insgesamt eine positive Tendenz, also einen Aufschwung, vermuten lässt. Die Pluto-Opposition zu Merkur wiederholt sich noch zwei weitere Male im Herbst 2021 und zum Jahreswechsel 2021/22. Das ist jedoch nicht weiter verwunderlich, da es in den USA hinreichend kontroverse Themen zu diskutieren gibt, egal ob nun Trump oder Biden gewinnt.
Nachschlag: In dieser Wahl passierte nun endlich das, was sich die meisten Astrologen wünschten – Joe Biden gewann. Ob das astrologisch wirklich so klar war, erscheint mir allerdings fraglich. Für mich war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem die Biden-Fans auf das richtige Pferd gesetzt hatten (so wie bei Hilary auf das falsche). Ohne in Verschwörungstheorien abgleiten zu wollen, kam mir bei der US-Wahl einiges merkwürdig vor (v.a. das plötzliche Umschlagen der Ergebnisse mitten in der Auszählung, was einfach gegen die Wahrscheinlichkeit ist – ich habe schon bei einigen US-Wahlen mitgefiebert…). Was gut zum Neptun-Quadrat passen würde, dem Trump während der Wahl unterlag. Ich finde es zweifelhaft, dass diese Unstimmigkeiten unter den Tisch gekehrt wurden, nur weil der „richtige“ Kandidat gewonnen hat. Ist denn wirklich unvorstellbar, dass einige Menschen, die überzeugt waren, dass Trump abgewählt werden muss, dafür betrügerische Mittel in Kauf nahmen – frei nach dem Motto: der Zweck heiligt die Mittel? Auf die guten Dinge, die Biden bringen sollte, wartet man indes noch vergeblich, außer dass im Weißen Haus wieder gute Manieren eingezogen sind, was freilich angenehm ist. Jedenfalls hat Biden Trumps heftig kritisierten Abzugspläne aus Afghanistan umgesetzt und das nicht sehr intelligent, so dass eine humanitäre Katastrophe daraus erwachsen ist. Ob Trump es besser gemacht hätte, wie er jetzt nicht müde wird zu betonen, sei freilich dahingestellt. Auf jeden Fall ist er wieder mächtig im Aufwind, und wenn man sich die Transite zur Wahl am 5. November 2024 anschaut, muss man sagen: Der Mann ist noch nicht aus dem Rennen. Die Kritik an Biden wächst bereits jetzt massiv; die Schwierigkeiten zwischen seinem Horoskop und dem der USA beginnen sich nun deutlich zu zeigen.